Das an der Sigmund Freud PrivatUniversität angesiedelte „Institut für transkulturelle und historische Forschung“ beschäftigt sich mit inter- und transkulturellen sowie postkolonialen Fragestellungen, mit mentalitätsgeschichtlichen, kulturwissenschaftlichen und philosophischen Grundlagen der Psychotherapiewissenschaft und der Geschichte der Psychotherapie.

Drei Mal im Semester findet ein Jour fixe statt, der ein Diskussionsforum für Gastvorträge, SFU-Projekte und studentische Forschung bieten soll. Der Jour fixe wendet sich an alle Interessierten, externe Besucher*innen sind ausdrücklich willkommen. Die Veranstaltungen finden bei freiem Eintritt statt.

Zum nächsten Jour fixe freuen wir uns auf 

„Trotzki und Freud“
Vortrag mit Helmut Dahmer am 20.11.2023, 18:30 Uhr
SFU Wien, Freudplatz 1, 1020 Wien, Raum 1002

→ Für PTW-Studierende ist die Teilnahme als „Doing Research“ anrechenbar.

Zum Vortrag

Der russische Revolutionär Leo Trotzki, Internationalist und Rätedemokrat, lebte – nach seiner zweiten Flucht aus Sibirien und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs – in den Jahren 1908-1914 in Wien. Unter den marxistisch orientierten Revolutionären seiner Zeit nimmt er eine Sonderstellung ein, sowohl, was sein Verständnis der Marxschen Gesellschaftstheorie angeht, als auch wegen seines Interesses für die Freudsche Psychoanalyse (und für die Literatur). Die Marxsche „Kritische Theorie“ lernte er zuerst (im Gefängnis von Odessa) durch die Lektüre von Texten des italienischen Hegelianer-Marxisten Antonio Labriola kennen, die Freudsche im Kreis der Wiener russischen Emigranten Raissa Adler und Adolf Joffe in den Jahren 1908-14.

Trotzki war ein polyglotter Literat und Journalist, nahm am kulturellen Leben im Vorkriegswien teil, las Freud-Schriften und besuchte Veranstaltungen der Psychoanalytiker. Ihm imponierte die Verwandtschaft der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie mit der Freudschen Kritik der Bewusstseins-Psychologie; beide schienen ihm unentbehrlich für das Verständnis von Geschichte und Gegenwart.

Zum Vortragenden

Prof. Dr. Helmut Dahmer studierte Soziologie und Philosophie bei Helmuth Plessner, Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas. In den Jahren 1968-1992 redigierte er die psychoanalytische Monatszeitschrift Psyche. 1984 gehörte er zum Gründungsbeirat des Hamburger Instituts für Sozialforschung. 1974-2002 lehrte er Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt und hatte Gastprofessuren in Lima (Perú) und Innsbruck inne. Er gibt eine auf 10 Bände berechnete Auswahl-Ausgabe von Schriften Trotzkis heraus. Seit 2002 lebt er als freier Publizist in Wien.

Publikationen:

Libido und Gesellschaft (1973, 1982; erw. Neuauflage 2013); Pseudonatur und Kritik (1994; Neuauflage 2013); Soziologie nach einem barbarischen Jahrhundert (2001); Divergenzen (2009); Die unnatürliche Wissenschaft (2012; 2019); Interventionen (2012); Freud, Trotzki und der Horkheimer-Kreis (2019), 2., korrig Aufl. 2020; Antisemitismus, Xenophobie, Amnesie (2020); Trotzki, die Psychoanalyse und die kannibalischen Regime (2022).

Auf Ihre Teilnahme freuen sich die Mitarbeiter*innen des Instituts für transkulturelle & historische Forschung.