Die Erinnerung an den Holocaust zählt zu den herausforderndsten Aufgaben unserer Zeit, weil sich hier Vergangenheitsbewältigung, demokratiepolitische Pädagogik und kollektive Identität zu einer komplexen Gemengelage vermischen, die noch dazu für jede Generation neu definiert werden muss.

Die Weitergabe von kollektiven Erinnerungen von einer Generation zur nächsten ist allgemein eine der essenziellen Funktionen jeder stabilen, zukunftsfähigen Gesellschaft. Weil geglückte Erinnerungskultur stets in die Lebenswelten der nachrückenden Generationen eingebettet sein muss, ist auch hier ein Wandel von einem analogen, materiellen und hierarchischen Verständnis hin zu digitalen, virtuellen und deliberativen Formaten notwendig. Mit dem Digital Holocaust Memorial (DHM) leistet das Institut für ErinnerungsKultur an der Fakultät für Psychologie der SFU einen wegweisenden Beitrag zu diesem Paradigmenwechsel.

Das DHM als partizipative, inklusive und interaktive Erinnerung an die Shoah versteht sich dabei als gleichermaßen pädagogisches, künstlerisches und wissenschaftliches Projekt. Peter Daniel, Initiator des Projekts, führt dazu aus:

Die Zukunft des Erinnerns an den Holocaust wird wohl primär im Digitalen stattfinden, und so neuer ästhetischer Erinnerungskonzepte bedürfenEin interdisziplinärer Ansatz scheint uns essenziell: Wissenschaft und Kunst gemeinsam, in einem konstruktiven Miteinander.

Die Zielgruppen sind zunächst Bildungseinrichtungen, deren Student*innen / Schüler*innen Gedanken, Assoziationen und Sichtweisen in Form von Kurztexten, Fotos, Videos oder Sprachnachrichten auf einem digitalen Pinboard hinterlassen können. Die so entstehenden Fragmente können interaktiv kommentiert und diskutiert werden und verdichten sich schließlich zu thematischen Clustern. So entsteht für jede teilnehmende Institution oder Community eine ganz individuelle und fluide digitale Ressource, die ihrerseits wiederum als Anschauungsmaterial in den Unterricht oder Diskurs eingebracht werden kann. Das entspricht dem didaktischen Prinzip, dass aktive Teilhabe am Gegenstand den Wissenserwerb intensiviert und ermöglicht gleichzeitig auch egalitäres Lernen, in dem der Wissenstransfer nicht primär einseitig und hierarchisch von den Pädagog*innen zu den Schüler*innen definiert ist. Dazu meint die Projektinitiatorin Nicole Horn:

Wo, wenn nicht in unseren Bildungseinrichtungen, kann es gelingen, Antisemitismus sowie Rassismus entgegenzuwirken, zentral auch Prävention zu betreiben, und damit eine Intensivierung unserer demokratischen Kultur voranzutreiben?

Die multimedialen Beiträge der verschiedenen Bezugsgruppen bergen neben ihrer expressiven und pädagogischen Funktion auch großes sozialwissenschaftliches Potential. Während die Forschung zu Erinnerungskultur primär von zeithistorischen Ansätzen geprägt ist, bieten die Daten im Rahmen des DHM – ob seines interdisziplinären, kreativen Ansatzes – die Möglichkeit zu umfangreichen sozialpsychologischen Auswertungen und phänomenologischen Interpretationen von Interaktionen und Symbolik in der Gegenwart.

Das Projekt „Digital Holocaust Memorial“ wird gefördert vom Nationalfonds der Republik Österreich, dem Zukunftsfonds der Republik Österreich, dem Otto Mauer Fonds und dem Bundeskanzleramt sowie in der Folge auch von der Kulturabteilung der Stadt Wien.

Rückfragehinweis:

Mag. Dr. Nicole Horn, nicole.horn@sfu.ac.at
Mag. Dr. Peter Daniel, peter.daniel@sfu.ac.at

Institut für ErinnerungsKultur
Sigmund Freud PrivatUniversität
Fakultät für Psychologie
Freudplatz 1, 5. Stock, 1020 Wien


Allgemeiner Pressekontakt SFU:

Mag. Dr. Dr. Manuel Jakab
+43 660 16 25 166
manuel.jakab@sfu.ac.at