Muslim*innen in der Krise –
Interdisziplinäre Betrachtungen zu Religion und Resilienz
11. – 12. November 2023

Die diesjährige Jahrestagung der IFIME ermöglicht interdisziplinäre Betrachtungen menschlicher Krisensituationen unter dem Blickwinkel von Religion und Resilienz. (Inwiefern) können religiöse Grundhaltungen zu einer gefestigten Resilienz beitragen?

Aktuelle Ergebnisse der Resilienzforschung zeigen auf, dass, Resilienz einen „dynamische[n] und lebenslange[n] Prozess […] im Wechselspiel zwischen Person und Umwelt […] [beschreibt, der] über verschiedene Lebensbereiche und -phasen variiert“ (Kunzler et al. 2018:747).

Auf der Tagung sollen verschiedene Ansätze zu Resilienzkonzepten aus religiöser, soziokultureller und islamischer Perspektive erörtert werden. Hierzu sollen u.a. Fragen erörtert werden: Welche Auswirkung kann Religiosität – insbesondere bei Muslim*innen – auf die Herausbildung von Resilienz haben? Welche Konzepte für den Umgang mit psychischen und psychosozialen Krisen schöpfen aus islamischen Denktraditionen? Wie können Weltbilder und Verhaltensweisen muslimischer Patient*innen in Therapie und Beratung berücksichtigt werden?

Neben Raum für interdisziplinäre wissenschaftliche Betrachtung und Austausch wird auf der Tagung auch die Möglichkeit geboten, konkrete Initiativen und Projekte näher kennen zu lernen und zu diskutieren.

Veranstalter: Interdisziplinäre Forschungsstelle Islam und Muslim*innen in Europa (IFIME)
Unser Institut widmet sich der differenzierten und reflektierten Erforschung der Lebenswirklichkeit von Muslim*innen in Österreich und Europa, ihrer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und bildungsbezogenen Partizipation(en), ihrer Wirkungsfelder in unterschiedlichen Arbeits-, Studien- und Lebensbereichen und ihrer Selbst- und Fremdbilder.

Tagungsleitung: Dr.des. Adam Shehata, M.A.

Wissenschaftliche Beratung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Rüdiger Lohlker, Institut für Orientalistik, Universität Wien
Mag.a Amena Shakir, Mag.a Dr.in Amani Abuzahra, M.A (beide IFIME)

Programm Samstag 11.11.2023

09:15 Anmeldung, Einlass

09:45 Begrüßung & Eröffnung:
Prof. Dr. Alfred Pritz, Rektor, Sigmund Freud PrivatUniversität, Wien
Mag.a Amena Shakir, Leitung IFIME, Sigmund Freud PrivatUniversität Wien

10:00-11:30 Keynote: Building Muslim Resilience in 21st Century Europe – A View Rooted in Concepts of Islamic Psychology
Dr. Abdallah Rothman, Head of Islamic Psychology, Cambridge Muslim College
Weitere Details folgen in Kürze

11:45-12:45 Plenarvortrag I: Schicksalsglaube oder Selbstermächtigung? – Kritische Betrachtung islamischer Konzepte in Therapie und Beratung
Dipl.-Psych. Malika Laabdallaoui, Systemische Therapeutin, Psychotherapeutin, Rüsselsheim
In diesem Vortrag werden wesentliche Konzepte zur Integration islamischer Elemente in die Psychotherapie vorgestellt. Sodann werden sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen dieser Integration unter Berücksichtigung der persönlichen Religiosität und Spiritualität der Patient*innen betrachtet. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, ob die Verwendung dezidiert islamischer Begriffe auch außerhalb ihres speziellen islamischen Bedeutungsrahmens, ähnlich allgemeinerer menschlicher Weisheiten, möglich ist.

12:45 – 14:15 Mittagspause

14:15-15:00 Plenarvortrag II: Raum für Religion!? – Grenzen der Psychotherapie
Aaroun Abdurrahim Schabel, M.Sc., Psychologe, Psychotherapeut, Bad Soden-Salmünster
In einer Zeit, in der die Entwicklung der eigenen Identität eine zunehmend größere Herausforderung darstellt, nimmt auch das persönliche Verhältnis zu den Themen Religion, Glaube und Spiritualität immer mehr Raum in der psychotherapeutischen Praxis ein. Dabei liegt der Fokus häufig auf dem Einfluss von Religion auf die psychische Gesundheit. Da kann schnell die Frage nach Grenzen aufkommen – darf das? Wieviel religiöse Intervention ist förderlich, gar erlaubt? In einer psychodynamischen Psychotherapie steht jedoch u.a. auch eine andere Frage im Raum: In welcher Beziehung stehen Patient und Therapeut zur Religion? Hierzu möchte Aaroun A. Schabel in seinem Vortrag Denkanstöße zur Reflexion und Diskussion anbieten.

15:00-15:45 Plenarvortrag III: Kein Paradies auf Erden – Potenziale und Gefahren religiöser Gemeinden in der Beratung
Prof. Dr. Michael Utsch, Dipl-Psych., Psychotherapeut (DGIP), Evangelische Hochschule TABOR
Gesundheitspsychologische Studien belegen eindeutig die Bedeutung sozialer Unterstützung durch eine Religionsgemeinschaft als einen protektiven und präventiven Faktor. Der Vortrag stellt zu Beginn einige Ergebnisse dar. In den letzten Jahren haben jedoch schädigende Faktoren von einseitigen Gottesbildern wie das eines strafenden, unbarmherzigen Richters oder das Phänomen des religiösen Machtmissbrauchs eine Neubewertung nötig gemacht. Es werden aktuelle Studien über spirituellen Missbrauch in Kirchen vorgestellt und es wird gefragt, welche Präventionsmaßnahmen nötig sind.

15:45 Pause

16:00-18:15 Workshops

a)     Erzählungen aus der islamischen Tradition als Mittel für seelisches Heilen?
Prof. Dr. Tuba Işık, Islamische Religionspädagogin und Praktische Theologin, Institut für Islamische Theologie, Humboldt Universität zu Berlin
Weitere Details folgen in Kürze

b)     Glaubensentwicklung im Lebensverlauf
Prof. Dr. Michael Utsch, Dipl-Psych., Psychotherapeut (DGIP), Evangelische Hochschule TABOR
Wie verändert sich die Religion und die Glaubenspraxis in einem Lebenslauf, der von Migration und Kulturwechsel geprägt ist? Ist der Glaube der Kindheit eine Bewältigungshilfe oder ein Störfaktor in einer säkularen Millionenstadt? Zu Beginn des Workshops interviewt der Dozent zwei Berliner Kolleginnen. Eine in der südöstlichen Türkei geborene, aber in Berlin aufgewachsene Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie („Gastarbeiterkind“) und eine in Ankara aufgewachsene psychologische Psychotherapeutin, die seit knapp 20 Jahren in Berlin lebt und arbeitet. Nach den persönlichen Erfahrungsberichten besteht Raum für Rückfragen, eigene Erfahrungen und das Gespräch.

c)     Religion in der Seelsorge – Chancen und Grenzen
Mohammad Imran Sagir, Muslimisches SeelsorgeTelefon, Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge e.V., Berlin
Dieser Workshop behandelt das Thema der Funktion von Religion in der Seelsorge, ihrer Chancen und Grenzen anhand von Beispielen aus der Praxis der Telefonseelsorge, Gefängnisseelsorge und Notfallseelsorge. Dabei wird die Rolle von Religion für Leben und Wohlbefinden im Kontext der Seelsorge reflektiert und erörtert, wie Verunsicherungen im Zusammenhang mit bestimmten Praktiken der Religion erkannt und welche Erfahrungen der Stärkung durch und Trostsuche in Praktiken der Religion benannt werden.

d)     Raus aus der Krise – Zur Bedeutung von Spiritualität für die Krisenbewältigung in der Lebens- & Sozialberatung
Sabrina Fuchs-El-Bahnasawy, Sozialpädagogin, Islamisches Beratungsnetzwerk für Jugend und Familie (IBJF), Wien
Religiosität ist eine mögliche Ressource in der psycho-sozialen Beratung von Muslim*innen, kann jedoch auch eine Hürde sein. Nach einem theoretischen Input werden im Workshop mithilfe der Technik der „kollegialen Fallberatung“ Beispiele aus der Praxis analysiert und besprochen. Dabei können gerne auch Fallbeispiele der Teilnehmenden einfließen.

e)     Offen gefragt –  Grenzziehungen zwischen Psychologie / Psychotherapie und islamischer Theologie
Dr.des. Adam Shehata, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Islamischer Theologe, IFIME, Sigmund Freud PrivatUniversität
– Ausgebucht- Keine Anmeldung mehr möglich!

18:15 Resümee

Programm Sonntag 12.11.2023

09:15 Einlass

9:45-10:30 Plenarvortrag IV: Ḥilm und riḍā als Instrumente der Krisenbewältigung
Prof. Dr. Tuba Işık: Islamische Religionspädagogin und Praktische Theologin, Institut für Islamische Theologie, Humboldt Universität zu Berlin
Geschichten und Erzählungen besaßen schon immer Funktionen – insbesondere zwei: entweder dienten sie der Unterhaltung oder der (religiösen) Erbauung. Für den muslimischen Kontext werden zur Kategorie der religiösen Erbauung auch jene Geschichten subsumiert, die die Bedeutung von Lebenshilfen innehaben und gleichzeitig mitunter amüsieren. In diesem Workshop wollen wir gemeinsam alte Geschichten lesen und ihre Wirkpotenziale für die Gegenwart kritisch reflektieren.
– Ausgebucht- Keine Anmeldung mehr möglich!

10:30-11:15 Plenarvortrag V: Krisenfeste Seelen – Konzepte muslimischer Theologen des 11. und 12. Jahrhunderts
Dr.des. Adam Shehata, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Islamischer Theologe, IFIME, Sigmund Freud PrivatUniversität
Über die Jahrhunderte haben sich gewisse Dispositionen und Selbstkonzepte, die sich aus religiösen Quellen speisend etabliert haben, bewährt. In diesem Vortrag sollen einige dieser Dispositionen näher betrachtet werden; zugleich sollen ihre Alltagstauglichkeit für heute und ihre Bedeutung im Glauben diskutiert werden.

12:00-13:30 Mittagspause

13:30-15:30 Workshops

a)     Crisis as a Chance for Spiritual Growth
Dr. Abdallah Rothman, Head of Islamic Psychology, Cambridge Muslim College
– Ausgebucht- Keine Anmeldung mehr möglich!

b)     Familienkonferenz oder Schura? Professionelle Beratung zu Ehe- und Familienkrisen im muslimischen Kontext
Dipl.-Psych. Malika Laabdallaoui, Systemische Therapeutin, Psychotherapeutin, Rüsselsheim
In diesem Workshop widmen wir uns der Frage, wie weit Ratsuchende mit religiösem Bezug Lösungen finden können, die mit ihren islamischen Vorstellungen kompatibel sind. Anhand von zwei Fallbeispielen werden Möglichkeiten und Grenzen religiös-kultureller Lösungskonzepte herausgearbeitet.

c)     Krise, Trauma, Genozid – Religion zwischen Instrumentalisierung und Heilung
Dr.in Medina Velić, Kulturanthropologin, Lehrbeauftragte Uni Graz
2025 jährt sich der Srebrenica-Völkermord zum 30. Mal. Viele Überlebende des Genozids sowie Angehörige der Opfer leben unter anderem in Österreich, wo sich nach internationalem Vorbild Erinnerungs- und Gedenkinitiativen (Friedensmärsche, Chöre, Ausstellungen u.v.m.) etabliert haben. Diese finden oftmals im Kontext religiöser Gemeinden, Rituale und Räume statt. Der Workshop soll der Frage nach persönlichen Bewältigungs- und kollektiven Aufarbeitungsstrategien innerhalb (und außerhalb) der religiösen Gemeindearbeit nachgehen sowie mögliche Potentiale und/oder Widersprüche religiös konnotierter Erinnerungs- und Gedenkkulturen aus einer kulturanalytischen Perspektive erörtern.

d)     Die Krise in uns. Eine psychoanalytische Betrachtungsweise von Krisen und Kriseninterventionen
Mag.a Mariam Rahman, Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin, Wien
In diesem Workshop geht es um die psychoanalytische Definition von Krisen, inwiefern diese mit dem psychischen Apparat zusammenhängen und welche Kriseninterventionen, gerade in einer psychoanalytisch-orientierten Psychotherapie sinnvoll sind. Das Beispiel einer/eines muslimischen Patient*in dient der Erläuterung.
– Ausgebucht- Keine Anmeldung mehr möglich!

e)     Resilienz, Muslim*innen & Social Media
Dipl. Psych. Sanaa Laabich, Psych. Psychotherapeutin & Empowerment-Trainerin, Bielefeld
Weitere Details folgen in Kürze

15:30 Pause

15:45-16:30 Präsentation der Workshopergebnisse

16:30-16:45 Resümee und Verabschiedung

Anmeldung bis 03.11.2023

Tagungsgebühr:
Regulär: € 119.-
Early Bird (bei Anmeldung bis 20.10.2023): € 85.-
Studierende und SFU Mitarbeiter*innen: € 89.-
Early Bird für Studierende und SFU Mitarbeiter*innen: € 49.-

Bankverbindung:
IBAN: AT431813031000960005
BIC: BWFBATW1
Verwendungszweck: Vorname Nachname Tagung IFIME

In Absprache mit dem SSC können sich Studierende der PTW an der SFU Wien die Teilnahme an der gesamten Veranstaltung vor Ort als Forschungsaktivität anrechnen lassen.

Für Psychotherapeut*innen, Psycholog*innen, Psychiater*innen und Ausbildungskandidat*innen wird gerne eine Teilnahmebestätigung inkl. Angabe der Arbeitseinheiten ausgestellt.

HYBRID – Die Tagung findet in Präsenz am Freudplatz 3 statt. Eine eingeschränkte online-Teilnahme ist ebenso möglich.

Anmeldeformular

Die verbindliche Anmeldung zur Tagung ist erst mit der Einzahlung der Tagungsgebühr vollständig.
Bankverbindung:
IBAN: AT431813031000960005
BIC: BWFBATW1
Verwendungszweck: Vorname Nachname Tagung IFIME

Interdisziplinäre Forschungsstelle
Islam und Muslim*innen in Europa (IFIME)
E-Mail: ifime@sfu.ac.at
Webseite: https://sfu.ac.at/ifime