Willkommen zum Podcast der Ringvorlesung
Augenblicke österreichisch-islamischer Berührungen

Interdisziplinäre Forschungsstelle Islam und Muslim*innen in Europa (IFIME)

In diesem transdisziplinären Podcast stellen Expert*innen Biografien sowie das Wirken jener Brückenbauer*innen vor, die den österreichisch-muslimischen Diskurs in den letzten 250 Jahren geprägt haben. Durch ihre Forschungstätigkeit, ihre Übersetzungsarbeit und ihren Einsatz im transkulturellen bzw. interreligiösen Dialog haben sie die Weichen für den hiesigen, heutigen Islamdiskurs in Mitteleuropa gestellt.

Ziel der Ringvorlesung ist es, diese Transferleistung, die einst jene Grenzgänger*innen in einem transkulturellen, sprachlichen und geographischen Sinne erbracht haben, in einem veränderten, zeitgenössischen Kontext auf eine neue Weise zu wiederholen. Erkenntnisse und Ergebnisse ihrer Forschung sollen in die Gegenwart transformiert und für einen zeitgenössischen Islamdiskurs fruchtbar gemacht werden, was einen genauen, durchaus kritischen Blick auf die Vergangenheit verlangt.

Mit gebührendem Respekt, aber abseits von Romantisierungen, präsentieren Expert*innen die Lebens- sowie die Wirkungsgeschichte von Forschenden des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts. 

Wir hoffen, neue Perspektiven auf wichtige diskursive Konzepte wie jenes des Orientalismus, des Orientbildes in der österreichischen Monarchie und der Interrelation von Religion und Selbstverortung zu eröffnen und wünschen viel Freude und erfrischende Erkenntnisse beim Zuhören.

Folge (1) Orient, Orientalistik und Orientalismus

03.03.2022 | 52 Min.
Dr.  Ghazaleh Faridzadeh, LL.M.
Institut für Orientalistik, Universität Wien

In der ersten Folge unserer Ringvorlesung beschäftigt sich Dr. Ghazaleh Faridzadeh, Islamwissenschaftlerin an der Universität Wien, mit dem Zusammenhang zwischen dem imaginierten Orient und der Entstehung der Orientalistik als wissenschaftliche Disziplin an europäischen Forschungszentren. Schließlich geht sie auf die konzeptionelle Orientalismus-Kritik, insbesondere jene von Edward Said ein.
“Die Orientalistik musste entstehen, um dem Orient, den man verstummt hatte, eine verzerrte Stimme zu geben. Genau das greift der Orientalismus-Streit auf”.  (Ghazaleh Faridzadeh, 03.03.2022)

Folge (2) Das Orientbild der österreichischen Monarchie

10.03.2022 | 63 Min.
Univ.-Prof.  Dr. Phil. Andre Gingrich
Universität Wien | Österreichische Akademie der Wissenschaften

In der zweiten Folge wird der Fokus stärker auf die österreichische Geschichte gelegt. In seinem Beitrag erläutert Prof. Dr. Andre Gingrich vom Institut für Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien sowie Gründungsdirektor des Instituts für Sozialanthropologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) das Orientbild in der österreichischen Monarchie. Dabei zeigt er Gemeinsamkeiten, aber auch wichtige Unterschiede zu Orientbildern anderer kolonialer Mächte auf und erläutert das Konzept des Frontier-Orientalismus .
“An der Capistrankanzel der Stephanskirche erkennen wir, dass für das Orientbild der österreichischen Monarchie weniger die koloniale Erfahrung, sondern vielmehr die vor- bzw. frühmoderne Begegnung mit dem Orient konstitutiv waren: nämlich „die Türkenkriege“. Hier macht es Sinn von einem Frontier-Orientalismus zu sprechen.”  (Andre Gingrich, 10.03.2022)

Folge (3) Religion und Heimat

Religiöse Heimat und „heimatliche Religion“ 

17.03.2002 | 49 Min.
Prof. DDr. hc. Peter Stöger  
Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Universität Innsbruck

In der dritten Folge dekonstruiert Prof. Dr. Peter Stöger, Emeritus am Institut für Erziehungswissenschaft der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck, die Begriffe Heimat und Religion und setzt sie unter neuen Prämissen zueinander in Beziehung. Er präsentiert den Hörer*innen Dimensionen der Heimkehr, der Beheimatung aber auch der riskanten Heimsuchung und macht diese für einen interreligiösen Dialog auf Augenhöhe fruchtbar.
“Die Dialogbereiten wissen indes um den Reichtum des Religiösen. Sie erkennen dies auch bei denen, die dann eine „andere“ Religion haben. Ihre religiöse Beheimatung, ihr Heimatfinden, ihr Heimfinden, geht nicht auf Kosten anderer”.  (Peter Stöger, 17.03.2022)

Folge (4) Abdullah Karl Hammerschmidt

Roter Halbmond -Medizin als Brückenelement

24.03.2022 | 56 Min.
Mag. Martin M. Weinberger
Germanist, freier Lektor, Wien

Die erste historische Persönlichkeit, die vorgestellt wird, ist Karl Eduard Hammerschmidt. Martin Weinberger gibt den Hörer*innen Einblicke in das bewegte Leben des in Wien geborenen Forschers, der neben Rechtswissenschaften, Medizin, Mineralogie und Entomologie studiert hat. Als Lehrer an der medizinischen Schule zu Konstantinopel gründete er das naturhistorische Museum.
“Seit 140 Jahren sind sie bei humanitären Katastrophen im Einsatz: die Helfer des Roten Halbmondes. Was dabei den wenigsten bekannt sein dürfte: ins Leben gerufen hat den Roten Halbmond der Wiener Arzt Karl Eduard Hammerschmidt (1801 bis 1874), auch bekannt als Abdullah Bey.”  (Martin M. Weinberger, 24.03.2022)

Folge (5) Jakob Eduard Polak

The Shah´s personal physician

31.03.2022 | 52 Min.
David Venclík, Ph.D.
Faculty of Education, Department of History, Charles University, Prague

David Venclík, historian at the Faculty of Education at Charles University in Prague, presents Jakob Eduard Polak in the fifth instalment.  Born into a Jewish family in what is now the Czech Republic, Polak earned his medical degree in Vienna, Austria, in the 1840s. From 1851 to 1860 he taught medicine at a college in Iran and became personal physician to the shah. He returned to Austria in the early 1860s.
Jakob Eduard Polak stayed in Persia for almost ten years. During this time, he helped to develop the Persian health care system. His greatest achievement, however, was the founding of the Dar al-Fonun – the first medical college in Persia. The institution is considered the forerunner of today’s medical faculty at Tehran University. Apart from this, Polak is the creator of a Persian medical terminology, for the young physician was extremely linguistically adept. (David Venclík, 31.03.2022)

Folge (6) Ignaz Goldziher

Between Torah and Qu’ran

21.04.2022
Prof. in Susannah Heschel
Professor of Jewish Studies, Dartmouth College, USA
Univ.-Prof. Mag. Dr. Rüdiger Lohlker
Institut für Orientalistik, Universität Wien

The Islamic Studies Scholar and Orientalist Rüdiger Lohlker and the Judaist and Jewish Studies Scholar Susannah Heschel jointly presented the extraordinary life and work of Ignaz Goldziher. The latter established a new perspective on Islam and its – in his time – unexpected  bond to Judaism and recognized the universal and monotheistic character of both religions in distinction to Christian doctrines. His work focused on the different levels of Arabic and other languages of Muslim scholarship, their role in poetry, and the relationship between dialect and grammar. One of his most enriching experiences was certainly his time studying at Al-Azhar University in Cairo, during which he also experienced the spiritual dimensions of Islam.
“Ignaz Goldziher did not wish for just a rational religion, he wanted to be elevated. It is quite fascinating that he felt spiritual elevation in the mosque. It was not in the synagogue, but in the mosque that he felt most pious”. (Susannah Heschel, 21.04.2022)
“Living among Muslims and with Muslims: ‚In company with learned persons […] I visited coffee houses to listen to storytellers and went to Dervish convents where I could listen to dhikrs.‘ – Ignaz Goldziher with Torah and Qur‘an -not between. (Rüdiger Lohlker, 21.04.2022)